Julkalender: Die Serie, die den Schweden das Warten auf Weihnachten versüßt

Ein Schwede mit seinen zwei Söhnen zu Weihnachten vor dem Fernseher.
Wenn der Julkalender läuft, kommen die Familien in Schweden vor dem Fernseher zusammen (Foto: Tima Miroshnichenko / Pexels).

Last Updated on 29. November 2023 by Inka

Kennt Ihr noch Timm Thaler? Oder das Nesthäkchen? Mit seinen Weihnachtsserien hat das ZDF einer ganzen Generation die Ferien versüßt. Von 1979 an wurde fast zwei Jahrzehnte lang zwischen Weihnachten und Neujahr eine mehrteilige Kinderserie ausgestrahlt. Solch ein Format ist kein rein deutsches Phänomen. Es gibt sie in vielen Ländern, darunter auch in Schweden. Hier heißt es julkalender – weil es wie ein Adventskalender 24 Tage lang Freude macht.

Spätestens, seit sich Patrick Bach als Jack Holborn Freibeutern anschließt und mit ihnen die Weltmeere bereist, war es um mich geschehen. Ich hatte mich Hals über Kopf in den Waisenjungen verliebt. Das war 1982. Damals war ich fünf.

Von da an habe ich viele Jahre auf die ZDF-Weihnachtsserien hingefiebert und jede einzelne verschlungen. Mit Anna (1987) erreichte meine Begeisterung ihren absoluten Höhepunkt. Nonni und Manni (1988) fand ich noch spannend. Außerdem hatte der Vater in der Geschichte meine ungeteilte Aufmerksamkeit. Laura und Luis (1989) waren mir schon zu kindlich. An Clara (1993) kann ich mich nur noch verschwommen erinnern. Danach habe ich die Weihnachtsserien nicht mehr verfolgt.

Weihnachtsserien in Schweden wieder entdeckt

Erst 2015 kam ich hier in Schweden wieder damit in Kontakt. Hierzulande gibt es ein ähnliches Konzept: den julkalender. Wir haben uns die Serie damals in unserem Sfi-Kurs angesehen. Tusen år till julafton („1.000 Jahre bis zum Heiligabend“) war eine Zeitreise durch die schwedische Geschichte. Die Serie war als kleines Experiment gedacht: Verschiedene Kinder haben als Gastspieler mitgewirkt und abwechselnd in jeder Folge zusammen mit ihren Filmeltern einen Tag erlebt – beginnend im Jahr 1015 bis in die Gegenwart. Jeden Tag ging es darum, wie damals der Alltag aussah. Wie man lebte, wie man spielte und was gegessen wurde. Aber auch, wie sich die Rolle der Kinder im Laufe der Jahrhunderte verändert hat. 

Tusen år till julafton war unglaublich aufwendig gemacht. Die Verantwortlichen wollten jedes Jahrhundert historisch korrekt abbilden und haben alle Schauspieler entsprechend eingekleidet und an vielen verschiedenen Orten gedreht. Momentan sind noch alle 24 Folgen bei www.dailymotion.com zu finden – wer weiß, wie lange noch. Anders als sonst gibt das Internet zu diesem julkalender nicht mehr viel her. Er wurde auch als VHS oder DVD nicht veröffentlicht. Grund war angeblich ein Rechtsstreit um die Urheberrechte.

Seit 1960 im schwedischen Fernsehen

Tusen år till julafton, der julkalender von 2015, war eine Zeitreise durch die schwedische Geschichte (Foto: SVT).

Aber Tusen år till julafton ist nur einer von mittlerweile 59 julkalendern. Das Format gibt es bereits seit 1960 und wurde seitdem einige Male überarbeitet. Anfangs hatten die Serien noch keinen festen Sendeplatz, sondern wurden als kurze Abschnitte in verschiedenen Programmen gezeigt. Seit 1969 wird er in Farbe produziert. 1971 hat er seinen heutigen Namen erhalten, bis dahin lief er unter adventskalender. Außerdem haben sich die Sendezeiten verändert. Einige Male hat er schon am ersten Advent begonnen und hatte dann mehrere Folgen, so dass er trotzdem Heiligabend enden konnte.

Mal spannend, mal lustig

Der schwedische Fernsehsender SVT bewahrt die meisten Julkalender in seinen Archiven auf und stellt einige davon der Öffentlichkeit jährlich zu Weihnachten in seinem Öppet arkiv zur Verfügung. Besonders erfolgreiche Serien werden regelmäßig wiederholt oder auf VHS und DVD herausgebracht. Seit ein paar Tagen lädt auch in unserem ICA ein Aufsteller zum Zugreifen ein. Heute ist der Julkalender eine richtige schwedische Weihnachtstradition. Er wird täglich vom 1. bis 24. Dezember ausgestrahlt und dauert etwa 15 Minuten. Ich kann jedem Deutschen den Julkalender nur empfehlen: weil man die Untertitel einstellen kann, eignet er sich hervorragend zum Schwedisch lernen!

Neugierig geworden? Neugierig geworden?
Der Julkalender kommt vom 1. bis zum 24. Dezember zwei Mal täglich im schwedischen Fernsehen, nämlich werktags um 7.15 und 18.45 sowie an den Wochenenden um 8.45 und 18.45, jeweils auf dem Barnkanal und SVT1.

Unter www.svtplay.se lassen sich alle 24 Folgen sogar noch bis zum 23. Januar anschauen. Sie sind im Originalton auf Schwedisch verfügbar, mit schwedischen Untertiteln, mit Gebärdensprache und als Hörfilm für blinde und sehbehinderte Menschen. Ich hoffe, dass sich der julkalender auch von Deutschland aus anschauen lässt.

Julkalender 2024: Snödrömmar

Im September sind in Norbotten schon die Dreharbeiten für den Julkalender des nächsten Jahres angelaufen. Er heißt Snödrömmar und handelt von den beiden samischen Schwestern Ristin und Aila, die in dem kleinen familiengeführten Skigebiet Gavmofjäll leben. Das ist normalerweise im Winter ein Schneeparadies, doch ausgerechnet in diesem Jahr liegt im Dezember dort kein Schnee auf dem Berg. Ristin und Aila erkennen bald, dass Gavmofjäll kein gewöhnlicher Ort ist …

Julkalender 2023: Trolltider – legenden om bergatrollet

(Foto: Johan Paulin / SVT)

Der Legende nach herrschte vor langer Zeit ein mächtiger Bergtroll über den Norden und verbreitete Chaos. Gemeinsam gelang es den vier Völkern – Trolle, Feen, Hexen und Menschen – ihn mit Hilfe eines magischen Bernsteins in Schlaf zu versetzen. Doch eines Tages findet ein Mensch zufällig den Stein und bricht den Zauber, der den Troll im Schlaf hält. 2023 tut sich die zwölfjährige Saga mit dem kleinen Troll Love zusammen, um den Stein zu finden und ihre Welt vor dem Bergtroll zu retten.

Julkalender 2022: Kronprinsen som försvann

(Foto: Johan Paulin / SVT)

2022 spielte der Julkalender „vor langer Zeit in einem Königreich weit im Norden“. Er erzählte die Geschichte von Kronprinz Carl Wilhelm, der nach dem plötzlichen Verschwinden seiner Mutter, Königin Lovisa, aus dem königlichen Palast fliehen musste. Draußen in der rauen Wirklichkeit trifft er auf Hilda, die ihm hilft, sich unter einer falschen Identität als der Waisenjunge Ville zu verstecken.

Julkalender 2021: En hederlig jul med Knyckertz

(Foto: Ulrika Malm / Ulrika Malm)

2021 wünschte sich Ture ein gemütliches Weihnachtsfest mit der ganzen Verwandschaft. Die Chancen standen gut, denn auch Oma Stulia wurde einen Tag vor Heilig Abend aus dem Gefängnis entlassen. Berufsrisiko, die Knyckertz sind nämlich seit Generationen stolze Diebe. Doch als in der Domkirche ein wertvoller Weihnachtsstern ausgestellt werden sollte, wird Ture nervös: während Mutter Fia und Vater Bove schon ihren Jahrhundercoup wittern, wird für Ture klar, dass er seine Familie aufhalten muss.

Julkalender 2020: Mirakel

(Foto: Ulrika Malm / SVT)

2020 erinnerte mich die Handlung ein klein wenig an „The Others“: Zwei Familien im gleichen Haus, aber zu anderen Zeiten. Mira und Rakel hatten ihr Zimmer im selben Raum in derselben Villa – aber hundert Jahre voneinander entfernt. Durch einen Unfall mit einem künstlich erzeugten Schwarzen Loch, tauschten die Seelen der Mädchen ihre Plätze. Und so fand sich die der Rakel aus dem Jahr 1920 plötzlich im Körper von Mira wieder, die im Jahr 2020 lebt – und umgekehrt. Aber Zeitreisen kommen selten ohne Probleme vor…

Julkalender 2019: Panik i tomteverkstan

(Foto: Ulrika Malm/SVT)

2019 erinnerte die Handlung ein bisschen an die „Unendliche Geschichte“: Die Welt des Weihnachtsmann drohte zu verschwinden, weil immer weniger Kinder an ihn glaubten. Denn in diesem Jahr stand die Werkstatt still. Die tomtenissar hatten nichts zu tun; nur eine einzige Wunschliste hatte den Weihnachtsmann erreicht. Das bringt die magische Welt in Gefahr. Denn für jedes Kind, das aufhört an den Weihnachtsmann zu glauben, leuchtet die Laterne, die die funkelnde Welt am Leben hält, ein bisschen schwächer. Geht sie aus, wird sie verschwinden …

Julkalender 2018: Storm på lugna Gatan

(Foto: Johan Paulin / SVT)

2018 zog Familie Sturm in die ruhige Straße ein und sorgte für jede Menge Trubel. Diesmal mussten die unkonventionellen Sturms mit ihren neuen Nachbarn einen gemeinsamen Konsens finden: einer Hippie-Familie und einer alleinerziehenden, technikaffinen Mutter. Mir persönlich war er etwas zu bunt und etwas zu albern. Aber die versteckten Anspielungen auf die schwedische Mentalität waren wirklich lustig. Gerne spielen die Filmemacher hierzulande mit der Diversität ihrer Mitbürger und lassen die verschiedensten Charaktere aufeinandertreffen.


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