Last Updated on 28. März 2024 by Inka
Drei Baustellen haben wir 2015 aus Liebe zu unserem roten Schwedenhaus in Kauf genommen. Nach und nach haben wir alle abgearbeitet: 2020 haben wir die Fenster getauscht, vergangenes Jahr das Badezimmer renoviert. Jetzt ist die Küche dran. In meinem Beitrag nehme ich Euch mit in eine kleine Reise in Schwedens Geschichte und die traditionelle Bauweise der roten Holzhäuschen.
Vor der Küche hatten wir Respekt: wir haben sie lange vor uns hergeschoben. Nicht nur aus finanziellen Gründen – Küchen sind teuer -, sondern auch wegen dem Aufwand. Wenn ich nämlich von „neuer Küche“ rede, meine ich nicht nur neue Möbel. Ich spreche von einer Kernsanierung mit neuer Elektrik, neuen Rohren, neuer Decke und neuem Boden. Wir haben in den vergangenen acht Jahren nämlich so manches Mal feststellen müssen, dass nicht jeder, der sich sich handwerklich in unserem Schwedenhaus ausgetobt hat, Schreiner, Elektriker oder Klempner war oder wenigstens entsprechende Kenntnisse besessen hat. Außerdem liegt die Küche im ältesten Teil des Hauses. Was also würden wir hinter den Wänden und unter den Dielen finden? Alte Waffen aus dem Weltkrieg? Den Sparstrumpf der Erbauer? Oder nur morsche Balken? Wir werden sehen…
Prolog: Weil wir es diesmal fachmännisch haben wollen, holen wir wieder Stefan ins Boot. Seine Firma hat vergangenes Jahr schon unser Badezimmer renoviert und genießt unser Vertrauen. Auch diesmal einigen wir uns mit ihm auf Vorarbeit: die alte Küche bauen wir selbst ab und auch von der Wand-, Decken- und Bodenverkleidung entfernen wir, was wir können, zeitlich schaffen und uns trauen.
Sattgesehen: Die blaue Küche, schwedentypisch beim Hauskauf mit drin, hat uns noch gute Dienste geleistet. Aber nun ist es Zeit für etwas Neues. Wir einigen uns mit Stefan wieder auf Vorarbeit: die alte Küche bauen wir selbst ab und enternen die oberste Wandverkleidung.
Wir finden eine alte Tür und viele kreative Lösungen: ein altes Betttuch zum Beispiel, dass die Rohre unter der Spüle zusätzlich abgedichtet hat. Und viele alte Stromleitungen, die aussehen, als ob sie kein Elinstallatör verlegt hat. Dabei ist dies für viele elektrische Arbeiten in Schweden sogar vorgeschrieben.
Montag, 6. November pünktlich um 7 Uhr, rollen drei Kastenwagen auf unseren Hof: Stefan, sein Mitarbeiter und der Elinstallatör. Sie beratschlagen, dann ist klar: die übrige Wandverkleidung muss auch noch ab. Kurz vor 16 Uhr sind die alten Balken freigelegt. Es kommt Erstaunliches ans Licht: eine zweite Tür, nämlich die ehemalige Hintertür, die von der Küche zum Garten führte.
Mit unserer Entscheidung, einen Teil unserer Küche zur Speisekammer umzufunktionieren, haben wir unbewusst die alte Raumaufteilung wieder hergestellt. Das beweist die Klappe neben dem Fenster. Nach Norden ausgerichtet, pfeift der kalte Wind hindurch und hält den Raum schön kühl. Typisch in alten schwedischen Häusern.
Hinter der Wandverkleidung finden wir auch Reste alter Zeitungen, darunter Seiten der Svenska Tribunen. Der Minnesota Historical Society zufolge ist die Zeitung 1877 aus der Fusion der beiden Chicagoer Zeitungen Nya Svenska Amerikanaren und Nya Verlden hervorgegangen. Die erste Ausgabe erschien am 20. September 1877. Im Juli 1906 fusionierte sie mit der Svenska Nyheter aus Chicago zur Svenska Tribunen-Nyheter.
An einem Vormittag schaut der Elinstallatör vorbei, um alle Kabel, die nicht mehr benötigt werden, aus der Wand zu ziehen. Das findet er immer spannend, denn nicht alle Steckdosen in der Küche hängen an der gleichen Sicherung. Eine Folge davon, dass die nötigen Kabel aus verschiedenen Räumen abgezwackt wurden.
Die Bodendielen sind ab. Darunter: erwartungsgemäß Kubikmeter voller Sägespäne, mit denen früher der Boden gedämmt wurde. Leider sind die alten Balken sind unterschiedlich hoch und außerdem an einigen Stellen zu weit auseinander verlegt. Das kann Stabilitätsprobleme geben.
Und: Wir finden noch weitere alte Zeitungen, diesmal die Smålandsposten und die Dagens Nyheter aus dem Jahr 1954.
Die nächsten zwei Tage ist Stefans Team damit beschäftigt, zwischen die alten Balken ein neues Holzgestell zu bauen und die Höhe anzugleichen.
Der Boden wird mit schwarzer Windpappe ausgelegt.
Die kalte Kellerluft von unten hält jetzt neue Dämmwolle ab.
Zuletzt kommen noch Spanplatten oben drauf. Und dann sieht es schon fast wieder gemütlich aus 🙂
Und nochmal aus der anderen Richtung. In den 1950er Jahren war es in Schweden in Mode, die alten Massivholz-Balken hinter Masonit-Platten zu verstecken. Schade drum.
Hinter der nächsten Wandverkleidung rechts finden sich noch ältere Zeitungsreste: irgendwo im Text finden wir das Jahr 1899. Bei der nächsten Renovierung kam eine blaue Blümchentapete drauf. Der blauen Farbe haben die Jahre nichts angehabt.
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