Last Updated on 27. September 2024 by Inka
Schier grenzenlose Natur mit unendlichen Wäldern und zahllosen Seen – Schweden ist traumhaft schön. Die Menschen sind unfassbar freundlich und hilfsbereit, und fast überall zeigt den Smartphone fünf Balken an. Irgendwann ist der Funke übergesprungen: vielleicht schon als Kind, als Du unbeschwerte Ferien hier verbracht hast. Mittlerweile besitzt Du ein Ferienhaus und sehnst jeden Aufenthalt herbei. Du fährst zu jeder Gelegenheit hin und fühlst Dich zunehmend wie zuhause. Immer öfter fragst Dich, ob es sich überhaupt noch lohnt, zwischen den Urlauben wieder zurück nach Deutschland zu fahren. Wie wäre es, wenn Du dauerhaft hier bleiben würdest? Und dann kommt Dir das erste Mal das Wort „Auswandern“ über die Lippen …
Schweden ist unter den Top 10 der beliebtesten Auswandererziele der Deutschen – nach der Schweiz, Österreich, Spanien, Frankreich, Belgien und Italien. Im Jahr 2022 haben 29.000 Deutsche dauerhaft in Schweden gelebt (zur Quelle). Kein Wunder, das Schwedenvirus befällt so manchen Urlauber – davon können mein Mann und ich ein Lied singen. Mit der Liebe zu einem Land verhält es sich aber ein bisschen wie mit der Liebe zu einem Menschen: in der Phase der ersten Verliebtheit möchte man am liebsten die Sachen packen und direkt zusammenziehen; ob es dann aber wirklich passt, weiß man erst, wenn der Alltag eingekehrt ist.
Wir haben hier unser Glück gefunden und können uns aktuell nicht vorstellen, wieder nach Deutschland zurückzukehren. Doch das muss nicht so sein. Es gibt auch Einwanderer, bei denen Ernüchterung aufkommt und für die sich Schweden nicht als das erhoffte Traumland entpuppt. Die einen arrangieren sich damit und bleiben; andere brechen ihre Zelte wieder ab und kehren nach Hause zurück.
Weil das neben viel Entäuschung auch mit viel verlorenem Geld einhergeht, möchte ich Euch mit diesem Beitrag ein Stück weit versuchen, Euch davor zu bewahren. Das wird mir wahrscheinlich nicht gelingen, denn Gefühle sind stark; aber vielleicht hilft er, sich vor dem Schritt über ein paar Dinge klar zu werden und realistisch an die Sache ranzugehen.
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Wissenswertes über Schweden:
Schwedisch lernen kostet Zeit
„Sprache ist der Schlüssel zur Welt“, sagt der Volksmund – mit ihr treten wir mit Menschen in Kontakt und eignen uns Wissen an. Das muss nicht unbedingt die Amtssprache eines Landes sein, sondern kann auch in einer Fremdsprache funktionieren. Die Schweden sprechen größtenteils hervorragendes Englisch und auch Deutschkenntnisse sind weit verbreitet. Zudem stellen viele Ämter die wichtigsten Informationen sowieso in den gängigsten Fremdsprachen zur Verfügung, darunter Englisch, Syrisch, Arabisch und manchmal sogar Deutsch. Das verleitet dazu, das to-do „Schwedisch lernen“ auf die lange Bank zu schieben. Muss man also überhaupt Schwedisch sprechen, wen man auswandern möchte?
Fakt ist: Mit Englisch und Deutsch kannst Du Dich eine Weile über Wasser halten. Wie lange das funktioniert, hängt davon ab, wie Du Dir Dein künftiges Leben in Schweden vorstellst und was Du dort machen willst. Wenn Du nicht gerade mit einem gut gefüllten Konto auswanderst, wirst Du auch Dein Leben in Schweden irgendwie finanzieren müssen. Am einfachsten haben es Rentner und Pensionäre, die aus Deutschland weiterhin ihre Rente beziehen. Sie alle müssen zwar auch Behördengänge erledigen, Lebensmittel einkaufen und Arzttermine wahrnehmen, doch darüberhinaus steht es ihnen frei, ein zurückgezogenes Leben fernab des urbanen Trubels zu führen.
Mehr Zeit, Schwedisch zu lernen, haben auch die digitalen Normaden, die ihre Firma mitsamt Kundenstamm aus Deutschland mitnehmen können: die Texter, die Grafiker, die Webdesigner. Sie brauchen quasi nur in Schweden ihren Laptop aufklappen und können loslegen. Auch das ist theoretisch nur mit ein paar Brocken Schwedisch möglich. Aber so wird es Dir schwer fallen, fernzusehen, Radio zu hören und Zeitung zu lesen, denn Radio Sverige hat seine deutschsprachige Redaktion 2016 geschlossen. Stelle Dir doch einmal folgende Situation vor: Dank Personennummer darfst Du Deine Stimme bei der Kommunalwahl abgeben, aber Du bekommst vorher nicht viel davon mit, was die Menschen hier beschäftigt und worüber die Politik diskutiert. Du wirst den Status eines Touristen behalten, der hier Dauerurlaub macht. Aber richtig ankommen und zu einem wertvollen Teil der Gesellschaft wirst Du wahrscheinlich nicht.
Dringender wird die Notwendigkeit bei allen, die sich in Schweden beruflich selbstständig machen wollen: die selbstständigen Schreiner, die Elektriker, die Bäcker. Sie müssen einen neuen Kundenstamm aufbauen und sich ggf. ein ganzes Fachvokabular und schwedische Vorgaben aneignen. Spätestens, wenn Du im Baumarkt stehst oder Deinen neuen Kunden zur geplanten Veranda beraten möchtest, brauchst Du Schwedisch. Hinzu kommt, dass Du Deine Berufserfahrung in Schweden vielleicht auch erst anerkennen lassen musst. Um beispielsweise als Elektriker arbeiten zu dürfen, brauchst Du eine Auktorisation vom Elsäkerhetsverket. Behördenkram erledigt sich leichter, wenn man die Sprache spricht. Leichter haben es diejenigen, die sich mit ihren Dienstleistungen ausschließlich an Touristen wenden: die Ferienhausvermieter und Campingplatzbesitzer.
Wenn Du aber ein Angestelltenverhältnis anstrebst, wirst Du Schwedisch sprechen müssen. Die Zeiten, in den man auch ohne Sprachkenntnisse problemlos einen Job finden konnte, sind vorbei. Mit etwas Glück ist vielleicht noch ein Aushilfsjob wie Putzen, Regale einräumen etc. drin, auch im Wald werden immer starke Hände gebraucht. Um eine Kettensäge zu bedienen oder um den Wald aufzuforsten, brauchst Du nicht verhandlungssicher Schwedisch zu können. Ebensowenig, um einen LKW zu beladen und zu fahren. Je mehr Du aber mit Menschen zu tun haben möchtest und je höher Du auf der Karriereleiter starten willst, umso wichtiger wird die Sprache.
Wie lange es dauert, bis Du sprachlich sattelfest genug bist, ist schwer zu sagen. Wenn ich mal wieder die Geduld verliere, sage ich mir, dass ich 13 Jahre lang Deutsch in der Schule hatte. Es kann also Jahre dauern, bis Du ein nur ansatzweise vergleichbares Niveau im Schwedischen erreicht hast. Wobei Du die Sprache natürlich nicht unbedingt auf Hochschulniveau sprechen musst, um einen einfachen Job auszuüben.
Du kannst viel Zeit sparen, wenn Du bereits mit ausreichendem Vorwissen nach Schweden auswanderst. Wir haben zum Beispiel schon in Deutschland fünf Sprachkurse bei der Volkshochschule besucht. Dann kannst Du Dir Dein Sprachniveau hier in Schweden direkt mit einem Einstufungstest bescheinigen lassen. Hier findest Du verschiedene Anbieter. Ohne Vorwissen solltest Du ein Jahr für den Sfi-Kurs einplanen, mit dem Du etwa das Schwedischniveau eines Grundschülers erreichst. Wenn Du hier in Schweden noch eine Ausbildung machen möchtest beziehungsweise Du den Nachweis Deiner Schwedischkenntnisse für die Anerkennung Deiner Ausbildung brauchst, musst Du weitere Sprachkurse nachweisen. Mehr Infos dazu hier.
Wissenswertes über Schweden:
Arbeit in Schweden zu finden kann langwierig sein
Damit kommen wir zum nächsten wichtigen Punkt: dem Arbeiten.
Ich bin Freiberuflerin und habe viele Jahre darauf hingearbeitet, mir den Traum vom ortsunabhängigen Arbeiten zu erfüllen. Am Anfang der Corona-Pandemie, als mir und vielen anderen Kollegen die Aufträge wegbrachen, hatte ich die Wahl: mich wütend beklagen, dass die Milliarden-Beihilfen nicht bei den vielen Einzelunternehmern ankommen, oder mir einfach einen Job suchen. Doch wohin? Mein Schwedisch ist verhandlungssicher, aber nicht druckreif – in der Kommunikationsbranche würde ich keine Chancen haben. Eine Ernährungsberatung gibt es bestenfalls im nächsten Krankenhaus und setzt eine schwedische Zertifizierung voraus. Was kann ich noch? Genau! Ich bringe eine Ausbildung zur Chemielaborantin mit. Dass genau zu diesem Zeitpunkt eine Laborkraft in der Lebensmittelindustrie gesucht wurde, war ein Wink des Schicksals. Ein Bewerbungsschreiben und ein Bewerbungsgespräch später hatte ich den Job.
Wie schnell man in Schweden Arbeit finden kann, hängt von vielen Faktoren ab: was Du beruflich machst, ob Du in der Branche bleiben möchtest oder ob Du Dir vorstellen kannst, etwas völlig Neues anzufangen. Ob Du Dich in Schweden auf dem Land oder in der Stadt niedergelassen hast und wie weit Du zu fahren bereit bist. Davon, wie gut Dein Schwedisch ist. Die Antwort auf diese Frage hängt auch von Deiner persönlichen Situation ab und wie lange Du auf den perfekten Job warten möchtest oder kannst. Ob Du alleine und flexibel bist und Dich Dein finanzielles Polster über mehrere Monate trägt. Oder ob Du als Haupternährer einer Familie dringend auf Einkünfte angewiesen bist.
Wenn Du nicht schon mit einem unterschriebenen Arbeitsvertrag in der Tasche nach Schweden auswanderst, sondern Dir erst hier eine Arbeit suchen möchtest, solltest Du nicht wählerisch sein. Insbesondere auf dem Land findest Du viele Berufe nicht. Hier bei uns in Småland werden wohl die Wenigsten mit ihrem Doktor in Kunstgeschichte oder Gender-Wissenschaften ihr Geld verdienen, dafür findest Du Anpacker: in der Pflege, im Gesundheitswesen, im Handel, auf dem Bau, der Autowerkstatt, der Logistik, der Industrie, in der Gastronomie. In Kindergärten und Schulen.
Wenn Du Dir jetzt schon siegessicher die Hände reibst, weil Du die für eine dieser Tätigkeiten passende Ausbildung aus Deutschland mitbringst, möchte ich Dich vorsichtig auf den Boden der Tatsachen zurückholen. Für die Ausübung bestimmter Berufe brauchst Du hier in Schweden eine Zulassung, Du musst Dir Deine Ausbildung oder Dein Studium also anerkennen lassen. Um beispielsweise als Elektriker arbeiten zu dürfen, brauchst Du eine Auktorisation vom Elsäkerhetsverket. Für Gesundheitserufe hingegen eine Zulassung des Socialstyrelsen, die wiederum an den Nachweis ausreichender Schwedisch-Kenntnisse (B2/C1 bzw. Svenska som andraspråk 1/3) gekoppelt ist. Umgekehrt kann es sein, dass Dir Deine Ausbildung zwar problemlos anerkannt wird, Du aber völlig andere Tätigkeiten ausüben wirst.
Arbeit bietet auch der Wald. Ich sage gerne: „Wenn Du einen Bagger hast, hast Du in Schweden immer etwas zu tun.“ Irgendein Hausbesitzer braucht immer einen neuen Brunnenschacht, den Aushub für einen Dreikammerbrunnen oder einen Kanal für das Glasfaserkabel. Hast Du einen Bagger?
Wissenswertes über Schweden:
In Schweden auf dem Land sind die Wege weit
Schweden ist das bevölkerungsreichste Land des Nordens. Auf einer Fläche von 450.000 Quadratkilometern leben mittlerweile rund 10,5 Millionen Menschen – also im Durchschnitt etwa 24 Menschen pro Quadratkilometer. Diese Zahl wird dem Land nicht ansatzweise gerecht, denn die Menschen verteilen sich nicht gleichmäßig auf ihr Land. Fast 80 Prozent der Bevölkerung wohnt im südlichen Teil des Landes, davon ein Drittel alleine in den Großräumen Stockholm (mit fast 2,5 Millionen Menschen), Göteborg (mit fast 1,1 Millionen Menschen) und Malmö (fast 700.000 Menschen). Der Rest verteilt sich auf die ländlichen Gebiete des Nordens. In Jokkmokk wohnen zum Beispiel nur noch 0,2 Menschen pro Quadratkilometer.
Weil sich das Stadtleben in Schweden kaum vom Stadtleben in Deutschland unterscheidet, möchte ich mich hier und jetzt auf die Besonderheiten des schwedischen Landlebens beschränken. Dort zu wohnen hat viele Vorteile: Du hast unendliche Weite um Dich herum und kannst Dich vielleicht sogar für ein Haus in Alleinlage entscheiden, ganz ohne Nachbarn. Allerdings solltest Du Dir im Klaren sein, dass sich manche Wünsche leider gegenseitig ausschließen. Ein Leben in der einsamen Natur führen, aber gleichzeitig auf keine der Bequemlichkeiten aus Deutschland verzichten – das wird schwierig.
Die Ausnahme: mit dem nötigen Kleingeld und kannst Du Dir zum Beispiel ein Haus in den Stockholmer Schären oder am Mälaren leisten. Da hat man dann Beides – die einsame Lage am Wasser und die Nähe zu allem, was so wichtig ist: Kunst, Kultur, tolle Einkaufsmöglichkeiten etc.
Deshalb möchte ich Dir den Tipp geben, Dich nicht zu fragen, was Du Dir wünschst, sondern zu fragen, was zu Dir passt. Bist Du ein Typ, der handwerklich sehr geschickt ist und und sein Leben autark in allen Lebenslagen regeln kann? Ein Typ, der mit einem Kaffee auf der Veranda glücklich ist und nicht unbedingt jeden Tag „raus“ etwas erleben muss? Jemand, der gut mit sich selbst klar kommt und weit ab von der Zivilisation ein Leben ohne große soziale Kontakte verbringen möchte? Der warten kann, bis es die neuesten Trends aus Stockholm bis aufs Land geschafft haben? Der auch mit anderthalb Tagen ohne Strom klar kommt, weil beim Herbststurm irgendein umgestürzter Baum mal wieder die oberirdische Strom- oder Telefonleitung beschädigt hat. Herzlichen Glückwunsch, dann ist das Leben auf dem Land etwas für Dich. Bedenke allerdings noch, dass auch der Wunsch zur Selbstversorgung die Möglichkeiten einschränken wird. Wenn Du Obst und Gemüse in großem Maßstab anbauen möchtest, ist der Norden völlig ungeeignet. Eine Karte mit den schwedischen Anbauzonen findest Du hier.
Bist Du hingegen gerne unterwegs, brauchst den Duft der weiten Welt um Dich und liebst Kunst und Kultur? Dann ist die Stadt die deutlich bessere Wahl. Dann sind auch Krankenhaus und Vårdcentral, Schule und Kindergarten, diverse Freizeitangebote und noch vieles mehr in kleinerem Radius.
Ansonsten kannst Du es wie die Schweden machen: einfach mobil sein. Unter der Woche auf dem Land leben und übers Wochenende nach Stockholm fliegen. Oder Du machst eine ausgedehnte Shoppingtour in die nächstgrößere Stadt. Touren von 50 bis 100 Kilometer sind hier völlig normal.
Wissenswertes über Schweden:
Das Internet kann schnell sein, muss es aber nicht
Nichts nervt so sehr wie wackelige Verbindungen bei der Videokonferenz, Abbrüche beim Skype-Call mit der Familie oder Hänger beim gemütlichen Filmabend. Kein Wunder also, dass die Qualität der Internetverbindung wahrscheinlich auch für die Wahl des künftigen Wohnortes in Schweden eine Rolle spielt – insbesondere für die digitalen Normaden. Wenn man den unzähligen Vergleichstabellen zur Internetgeschwindigkeit glauben darf, sollte das doch kein Problem sein – hat doch Schweden in diesem Punkt Deutschland gegenüber immer die Nase vorn. Auf www.speedtest.net zum Beispiel veröffentlicht die Firma Ookla regelmäßig die Ergebnisse, die die Geschwindigkeitstests der Internetnutzer weltweit über die Plattform ergeben haben. Im Januar 2024 etwa steht Schweden weltweit auf Platz 27, Deutschland auf Platz 53. Oder stimmt das etwa doch nicht?
Mit dem Internet verhält es sich in Schweden ungefähr so wie mit dem Strom: bis auch der letzte Bauernhof verkabelt war, hat es gedauert. Erst 1998 stellte die schwedische Regierung Mittel für die Elektrifizierung der letzten 137 ganzjährig bewohnten Bauernhöfe bereit. Sie befanden sich in den nördlichen Wald- und Berggebieten, aber auch in abgelegenen Gebieten in Skåne, Småland und Halland – 106 Jahre nachdem die erste Glühbirne in Schweden in Anders Olssons Haus in Stocksbo eingeschaltet wurde (zur Quelle).
Und so relativieren sich auch die Statistiken zum Internet. Je nach Netzwerk und Standort können die Geschwindigkeiten und die Qualität der Datenverbindung in Schweden nämlich stark variieren. Wer auf dem Land einsam im Wald wohnt, hat gegenüber den Städtern einen gewaltigen Nachteil. Oft ist die letzte Meile das Problem, also das Stück vom letzten Verteilerkasten zur Haustür. Diese letzte Meile kann in Schweden durchaus ein paar Kilometer betragen. Denn die Erschließung im großen Maßstab lohnt oft nicht – sind auf dem Land Deine Nachbarn doch nur Touristen mit Ferienhaus, die auf Glasfaser lieber verzichten möchten.
Unser Nachbar hat deshalb irgendwann die Geduld verloren und das Glasfaserkabel den letzten Kilometer vom Ort zu seinem Haus auf eigene Kosten verbuddeln lassen – umgerechnet rund 17.000 Euro hat er dafür bezahlt. Es geht alles – wenn man das will und kann.
Wissenswertes über Schweden:
Die Schweden ticken anders als die Deutschen
Die Schweden sind ein unglaublich höfliches Völkchen; hier fällt Dir niemand ins Wort oder korrigiert Deine Aussprache. Sie haben Verständnis, wenn die ersten Schwedisch-Versuche etwas holprig über die Lippen gehen und warten geduldig, bis Du fertig gesprochen hast. In Kombination mit dem allgegenwärtigen „Du“ gehen viele Einwanderer ganz selbstverständlich davon aus, mit den Schweden voll auf einer Wellenlänge zu liegen. Tatsächlich unterschätzen sie den Unterschied im Wesen zu den Deutschen jedoch sehr.
Als wir die Handwerker im Haus hatten, um unsere Küche zu renovieren, habe ich ihnen nachmittags oft etwas zum Kaffee angeboten: Kekse, Kuchen, was wir so im Haus hatten. Einmal sagte Aaron: Det går bra, tack und wandte sich wieder unseren Fugen zu. Mich hat sein Verhalten echt verwirrt, also fragte ich nach: „Das war ein Nein, oder?“. Da lachte er und nickte: „Ja, das war ein Nein.“ Das brachte ihn wiederum dazu, über meine Reaktion nachzudenken, und er räumte ein, dass diese höfliche Art abzulehnen, für Einwanderer vielleicht gewöhnungsbedürftig sein mag. Die Schweden tun sich schwer damit, ein „Nein“ klar zu kommunzieren. Ich habe unzählige Beispiele dafür: Auf die Frage, ob Hunde an unserem Badesee erlaubt sind, habe ich die Antwort erhalten: „Im Prinzip nicht. Es wäre besser, Sie ließen Ihre Hunde ein Stück weiter südlich ins Wasser, wo niemand schwimmt.“ Und als wir unseren Nachbarn im trockenen Sommer 2018 fragten, ob er unseren deutschen Freunden Heu für ihre Pferde verkaufe, sagte er: Ja, det ska vi se. Und dann hörten wir nichts mehr von ihm. Ein Nein von Schweden als solches zu verstehen, braucht viel Sensibilität und Erfahrung – nicht selten bleibt es deshalb unerkannt.
Die Schweden sind auch sehr konfliktscheu und tun sich zum Beispiel schwer damit, andere auf ein Fehlverhalten hinzuweisen. Das ist in Deutschland völlig anders: wer dort ungünstig parkt, bekommt dies garantiert von irgendjemandem lautstark mitgeteilt. Wer in Schweden das Jedermannsrecht verletzt oder seinen Müll nicht richtig trennt, wird darauf nicht angesprochen. Stattdessen wird ein Zettel aufgehängt – die hier deshalb auch arga lappar (auf deutsch: zornige Zettel) genannt werden. Arga lappar hängen in der Waschküche, im Hausflur, draußen am Laternenmast. Wir hatten schon einen am Briefkasten, weil er sich höhenmäßig von der Post nicht bequem aus dem Autofenster erreichen ließ. Alternativ werden auch gerne Schilder aufgestellt. Du kannst davon ausgehen, dass jedem „Camping verboten“, „Feuer verboten“ oder „Parken verboten“ ein Fehlverhalten vorausging. Weil die Verursacher aber längst über alle Berge sind und davon gar nichts mehr mitbekommen, wähnen sie sich im Irrglauben, alles richtig gemacht zu haben.
Zudem sind die Schweden unterkühlt. Es kann Jahre dauern, bis Du wirklich einen Freundeskreis aufgebaut hast. Wenn Du der Typ bist, der gerne und oft Menschen um sich hat, solltest Du Dir zweimal überlegen, ob Schweden zu Dir passt.
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